Du hast eine ganz tolle Romanidee im Kopf, die unbedingt zu Papier gebracht werden muss? Also ran an den PC und los geht’s. Deine Finger fliegen regelrecht über die Tastatur. Die Figuren entwickeln ein Eigenleben und übernehmen das Kommando. Du bist zeitweise selbst überrascht, wo die Reise hingeht. Und dann schreibst du endlich das magische Wörtchen »Ende« unter deinen Debütroman. So weit zu kommen, ist schon mal eine beachtliche Leistung. Du kannst wirklich stolz auf dich sein!
Einen Debütroman auf diese Weise zu schreiben kann gut gehen, muss es aber nicht. Falls du instinktiv alles richtig gemacht hast, herzlichen Glückwunsch: Du gehörst zu den wenigen Ausnahmen, die die Regel bestätigen.
Um einen mitreißenden Roman zu schreiben, braucht es aber fast immer Planung und das richtige Handwerkszeug, mit dem du dich vorab vertraut machen solltest. Schreibst du einfach drauflos, kann es passieren, dass du grundlegende Anforderungen zum Beispiel an Genre, Struktur oder Zielgruppe außer Acht lässt oder dich unterwegs verzettelst. Dann fehlt es an Spannung, die Charaktere bleiben eindimensional, handeln inkonsistent, es entstehen Plotlöcher oder lose Enden, die sich nicht mehr zusammenführen lassen.
Bemerkst du das bereits während des Schreibens, kannst du rechtzeitig selbst reagieren oder dir professionelle Unterstützung holen, zum Beispiel durch ein Coaching oder ein schreibbegleitendes Lektorat. Fallen dir die Fehler nicht auf – was wahrscheinlicher ist – wirst du als nächsten Schritt dein Manuskript einigen Testlesern anvertrauen. Aber attenzione: Oft bieten sich Freunde und Familienmitglieder als Testleser an. Erfahrungsgemäß stehen sie deinem Werk aber nicht objektiv genug gegenüber und wissen auch nicht genau, worauf sie beim Testlesen achten müssen. Und dann passiert Folgendes:
Auf meinem Schreibtisch landet ein Manuskript, von dem du denkst – oder sogar überzeugt bist –, dass im Lektorat nur noch Kleinigkeiten ausgebessert werden müssen … denn die Testleser waren ja durchweg begeistert. Glaub mir, es bricht mir das Herz, wenn ich dir dann mitteilen muss, dass noch größere, zum Teil sogar grundlegende Überarbeitungen nötig sind, bevor dein Debütroman veröffentlicht werden kann. Manchmal ist ein Text eben einfach noch nicht reif für das Lektorat. Ich kann mir vorstellen, dass erst einmal eine Welt für dich zusammenbricht und du vielleicht sogar an mir als Lektorin zweifelst – schließlich können sich die vielen Testleser doch nicht geirrt haben! Leider muss ich dir aber sagen: Doch, können sie …
Und ja, es tut weh zu hören, dass das eigene Buchbaby noch Schwächen hat, aber sieh es mal so: Wenn ich dein Manuskript nicht kritisiere, dann tun es nach der Veröffentlichung die Rezensenten – und zwar auf weniger charmante Weise.
Außerdem: Ist dein Manuskript voll mit Kommentaren, dann bedeutet das zwar, dass noch daran gearbeitet werden muss, aber eben auch, dass ich Potential darin sehe. Andernfalls hätte ich den Auftrag gar nicht angenommen. Also forza! Aufstehen, Krönchen richten und ans Überarbeiten setzen!
Wie die Autorin Jolena Nash zum Thema Plotten steht und wie sie mit Kritik umgeht, erzählt sie dir im folgenden Interview:
Liebe Jolena. Wie schön, dass du hier von deinen persönlichen Erfahrungen berichtest.
Was hältst du vom Plotten?
Bei meinen ersten beiden Büchern habe ich ausschließlich im Kopf geplottet und ganz nach Bauchgefühl geschrieben, das hat bisher ganz gut geklappt. Allerdings ist mir diese Taktik bei meinem aktuellen Projekt etwas zum Verhängnis geworden, da die Geschichte komplexer aufgebaut ist. Leider musste ich dadurch im Nachhinein viel anpassen und umschreiben. Da das Überarbeiten ohnehin nicht meine Lieblingsarbeit ist, hat das viel Zeit und Nerven gekostet. Inzwischen finde ich das Plotten unumgänglich. Es spart Zeit und Nerven.
Wie gehst du mit Kritik aus dem Lektorat um?
Jedes Wort der Kritik trifft mich wie ein Schlag ins Gesicht. Man hat ja schließlich viel Zeit und Mühe in sein Buchbaby gesteckt. Selbst ist man dann natürlich davon überzeugt; bis jemand kommt und dir die Schwachstellen unter die Nase reibt, dir empfiehlt, manche deiner Lieblingsszenen oder sogar ganze Kapitel zu löschen. Ein Lektor ist vielleicht nicht dein bester Freund, aber sicher auch kein Feind, denn er hilft dir, noch mal das Beste aus deinem Manuskript herauszuholen. Mein erster Gedanke nach einem Lektoratsdurchgang ist immer: Nein, auf keinen Fall, das lösche ich nicht; und nein, das ändere ich auch nicht. Aber im Endeffekt tue ich es trotzdem, weil der Lektor einfach recht hat. Denn als Autor steckt man einfach zu tief in der Geschichte drinnen, als dass einem solche Dinge auffallen.
Welchen Rat kannst du Autorinnen und Autoren von Debütromanen mit auf den Weg geben?
Lass dich drauf ein. Der Lektor will dir oder deiner Geschichte nichts Böses, im Gegenteil, er will helfen, deine Geschichte zu verbessern und das Beste herauszuholen. Nimm Kritik an und wachse daran, auch wenn es dir manchmal das Herz bricht.
Vielen Dank für das Interview, liebe Jolena.
info(at)kathrins-lektorat.de